Eine ganz abnormale Skitour aufs Büelenhorn

«Sie haben gewonnen!» Diese Nachricht flattert in mein Postfach. «Ja genau. Schon wieder Spam!», mein erster Gedanke. Ich belinse die E-Mail nochmals etwas genauer und meine Augen ähneln bald zwei grossen Kaffeeuntertassen. «Oh! Mein! Gott!» Das ist kein Witz. Ich darf tatsächlich mit auf Skitour. Wer mich kennt mag jetzt denken: «Macht sich doch eh schon die ganze Zeit. Was soll daran noch speziell sein?»

Stimmt. Doch diese eine Tour findet in Begleitung von Peter Schöffel, dem Inhaber der «Ich bin raus»-Marke statt. Auch ein Mensch aus Fleisch und Blut, natürlich. Aber einer, der mit seiner Markenbotschaft den Zeitgeist und mich mitten ins Herz trifft. Ein paar Tage später landet eine weitere elektronische Brieftaube bei mir. «Thomas Morand, Geschäftsführer Bächli Bergsport, Peter Jud – Schöffel Schweiz und Niki Bauer sowie der Bergführer Hans Jud werden auch mit von der Partie sein.» Wunderbar! Noch mehr Menschen, die Naturliebe in den Adern haben.

An einem Montag im Februar mache ich mich auf den Weg nach Davos Monstein. Ich fahre und fahre und fahre. Bald begleitet von dem Gefühl, im Niemandsland zu enden. Die Strasse schlängelt sich durch Davos, weiter in Richtung Tiefencastel und über einen Abzweiger, links den Berg hinauf. Da oben liegt Monstein. Es ist mein erster Besuch in diesem malerischen Walserdorf mit dem, für meine Ohren, magisch klingenden Namen. Die Holzhäuser kleben wie Adlerhorste am Berg. Mittendrin thront, ganz schweizerisch, eine Kirche. Und direkt daneben die höchstgelegene Brauerei der Schweiz – die Monstein AG. Ob sich der Pfarrer wohl anstelle von Messwein ein Bier in den Kelch giesst? Das werde ich bei meinem Aufenthalt nicht ergründen. Dass das Monsteiner Bier hervorragend mundet jedoch, stelle ich noch in der Stunde meiner Ankunft fest. So eines gönne ich mir nämlich. Ich geniesse den herben Geschmack auf meiner Kehle genauso, wie die das Geplänkel mit dem einen oder anderen Tourengänger, der hier einquartiert ist. Ruhe und Frieden legen sich über mich, wie eine kuschelige Wolldecke. Willkommen in der Stille. Der lausche ich auch, als ich ein paar Stunden später unter dem Dach in meiner kleinen Kammer liege. Fein eingekuschelt im Federbett. An einen ruhigen Schlaf ist in dieser Nacht nicht zu denken. Ich bin hibbelig. Und mein Magen wirft Falten, wie ein Fussball ohne Luft. Die Gedanken summen wie tausend Bienen.

Am nächsten Morgen schultere ich meine Skier, schnalle die Tourenschuhe zu und marschiere los. Wir treffen uns auf dem Tourenparkplatz Monstein. Hans Jud begrüsst mich mit einem breiten Lachen. Ein Bergführer wie aus dem Bilderbuch. Seine Haut sieht nach vielen Sommern in der Natur aus, seine Augen blitzen übermütig. Nach und nach trudeln auch die anderen ein. Man ist rasch beim Du. So wie es halt einfach ist, wenn man sich in den Bergen begegnet. «Habt etwas Nachsicht mit mir, ich bin ein Skitouren-Neuling», bittet Peter Schöffel. Chapeau. Meine Achtung vor ihm steigt noch ein paar Treppchen höher. Wie muss ein Mensch gestrickt sein, der mit einer Wettbewerbsgewinnerin auf Skitour geht und selbst kein passionierter Skitourengänger ist? Wir laufen los. Der Weg steigt erst gnädig, einer Forstrasse entlang. Klack, klack … das Geräusch der Tourenskibindung gibt den Takt für die Gespräche. Wortfetzen von hinten und von vorne huschen wie Musikfragemente durch die Winterlandschaft. Die wiederum zeigt sich wie eine schüchterne Grand-Dame. Bezaubernd, aber bedeckt. Unser Ziel soll das Büelenhorn sein. Ein Gipfel südlich von Monstein.

«Wie muss ein Mensch gestrickt sein …» Die Frage beantwortet sich ziemlich rasch. Echt, nahbar, herzlich, offen und voller Begeisterung für sein Wirken. So erlebe ich Peter Schöffel. Da geht ein Mensch, der in sich ruht und weiss, was er tut. Diesen Eindruck vermitteln mir alle, die heute mit mir unterwegs sind. Wir diskutieren über die Wirtschaftslage, über das Leben selbst, über Gipfelziele und Bergerlebnisse. Darüber, wie Unternehmen geführt werden und welche Herausforderungen damit verbunden sind. Vor allem aber, welche Chancen sich bieten. Voilà! Die Perspektive machts! Die Perspektive macht es auch heute. Wir könnten uns ärgern, dass die Sonne nicht scheint. Stattdessen wandern unsere Mundwinkel zu den Ohrläppchen und wir staunen darüber, welch spektakuläre Stimmung das Wolkenspiel am Himmel kreiert. Mir scheint, wir durchlaufen die Stunden zum Gipfel im Zeitraffer – Speeddating der anderen Art. Von einander gänzlich unbekannten Menschen hin zu solchen, die sich mit jedem Schritt vertrauter werden. Draussen kommt man sich rasch näher. Im doppelten Sinne. Man lernt sich selbst besser kennen. Und man begegnet anderen Menschen auf einer ganz anderen Ebene. Keine Titel, kein sozialer Status, keine räumliche Begrenzung schränken das Denken und den Austausch ein.

Klack … klack … die Tourenbindung gibt den Takt. Die Gespräche plätschern vor sich hin. Wir passieren sanfte Weiten bis zum Mäschenboden, lauschen der Stille, gönnen uns eine kurze Pause. Danach zeigt sich das Gelände etwas störrischer. Doch einige steile Spitzkehren später stehen wir auf dem Gipfel. Für einen Moment unser Wohnzimmer mit Panoramablick. Gegenüber liegen Tinzenhorn und der Piz Ela im Bergün; die Berninagruppe und die Bergeller Bergketten, Piz Kesch und viele bekanntere und unbekanntere Gipfel Eine herzliche Umarmung und ein Gipfelbussi für jeden. Natürlich auch das obligatorische Gipfelfoto. Und dann geht’s talwärts. Die Abfahrt ist amöbenhaft. Der Schnee wechselt auf jedem Meter seine Beschaffenheit und oft weiss ich nicht, ob ich talwärts oder bergwärts fahre. So blind ist die Sicht. Hans Jud bringt uns mit der stoischen Ruhe eines erfahrenen Bergführers Schwung für Schwung in Richtung Tal. «Wonach ist dir jetzt?», fragt Peter. «Hach, so ein kühles Bier, darauf freue ich mich», lautet meine Antwort. Worauf er lachend meint, dass wir wohl aus dem selben Holz geschnitzt seien. Unser kühles Monsteiner kriegen wir im Veltlinerstübli. Ein kleines Restaurant, das mich an die Stube meiner Kindheit erinnert. «Prost!» Das Bier rinnt kühl die Kehle hinab, die Seele fläzt sich zufrieden im Liegestuhl und beobachtet die Szenerie. Während die Gespräche nahtlos weitergehen und wir die geschossenen Lichtbilder austauschen. Ein paar Worte noch zum Abschied von allen Seiten. Ich versuche, mein Gesicht zu einem neutralen Gesichtsausdruck zu arrangieren, als ich zu meiner Dankesrede ansetze. Es gelingt mir nicht. Meine Mundwinkel haben heute Dauerhochzeit. «Da hat wohl wirklich die richtige Person den Preis gewonnen», tönt es mir entgegen. Ich bin sicher: Jede Bergfreundin, jeder Bergfreund hätte sich darüber gefreut. Es kann aber gut sein, dass meine Freude noch ein klitzekleines Bisschen grösser war. Eines weiss ich mit Gewissheit: Die Bilder von diesem Tag hängen für alle Ewigkeit als ein Highlight an der Pinwand meines Herzens.

Hoch oben tief schlafen im Hotel Ducan https://www.hotel-ducan.ch/de/
Monsteiner Bier https://biervision-monstein.ch/
Ankommen im Veltlinerstübli

 

 

 

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