Was der Konjunktiv mit Kursen zu tun hat

Braucht es wirklich unzählige Kurse, bis man sich etwas zutraut? Manchmal reicht es, wenn andere an einen glauben. Ein sanfter Impuls von aussen. Ein paar zögerliche Schritte im Innern. Und auf einmal fühlt es sich wie fliegen an. 

«Wir würden uns freuen, wenn du das übernehmen könntest. Weil wir glauben, dass du die Fähigkeiten dazu hast.» «Moi? Jamais!», bin ich versucht zu protestieren. So nimmt die Geschichte ihren Anfang. Ich habe die Personen, von denen die Anfrage kommt, insgeheim immer bewundert. Das tue ich immer noch. Sie sind souverän. So erfolgreich. So mit beiden Beinen im Leben stehend. Wohl auch deshalb erscheint mir die Konstellation etwas eigen. Denn ich selbst fühl mich manchmal eher zaghaft, einbeinig. Trotzdem ist es natürlich ein grosses Kompliment. Und die Anfangseuphorie wischt meine Bedenken in solchen Momenten beiseite.

Ich informiere mich. Bei meiner Vorgängerin über ihr Vorgehen. Und bin versucht, gleich wieder ein Rückgehen einzulegen. «Was, Sie haben noch keine Erfahrung darin? Also, ich hab mindestens zehn Jahre lang selbst Kurse besucht, bevor ich welche gegeben habe …» Wumm! Der Unsicherheitshammer donnert auf meinen Kopf. Mein kleiner Kritiker kriegt Futter und setzt zur Machtdemonstration an. Zum Glück ist meine Neugier mindestens eben so stark. Ich forsche, konzipiere, hinterfrage, erarbeitete und werfe am nächsten Tag alles wieder über den Haufen. Die Vorbereitung droht in einer Endlosschlaufe zu enden. Von Pragmatismus bin ich weit entfernt. Perfekt soll es werden. Das ist mein Anspruch. Immer. Nicht immer zum Vorteil. Aber es ist die Rolle die ich kenne. Sie schützt mich vor Unannehmlichkeiten. Manchmal. Sie erzeugt Druck. Mehrmals. Die Lieben in meinem Leben dürfen in solchen Situationen oft einiges aushalten. Weil ich mehr als einfach meine Pflicht erfüllen will. Weil ich mit Leib und Seele weitergeben mag, was mich selbst so begeistert. Der Tag X ist da. Meine Feuertaufe. Nach drei Stunden fliege ich aus dem Zimmer. Nicht, weil mir einer einen Tritt in den Arsch verpasst hätte. Sondern weil ich so beflügelt bin. Vom Leben und den Menschen. So verbringen wir Stunden. Ich entlocke Buchstaben und lasse Wörter zu Sätzen Formen. Geschichten Leben einhauchen. Es läuft. Von aussen gesehen rund. In mir drin? Mehr als einmal würde ich am liebsten anrufen und absagen. Weil das Lampenfieber aus meinen Beinen Gummi macht und das Herz einen Affentanz vollführen lässt. Was mich davon abhält? Die Neugier. Der stille Wille, es zu können. Die moralische Verpflichtung den Menschen gegenüber, die an mich glauben.

Die Wochen sind vorbei. Der letzte gemeinsame Nachmittag. Ich blicke in Augenglänzen und Zufriedenlachen. Der Raum ist mit Wärme gefüllt. Ich bin stolz. Auf die Geschichten, die diesen Raum verlassen. Erzählt von Menschen mit ganz viel Leben im Rucksack. Was hätte ich verpasst, wenn das Lampenfieber oder mein innerer Kritiker Oberhand gewonnen hätte? Zum Glück habe ich dem Konjunktiv die Stirn geboten. Der Schritt über die Komfortzone ist kein Leichter. Und es muss auch nicht jeden Tag ein Schritt ännet dem Rand sein. Doch hin und wieder tut es gut, sich zu fordern. Oder gefordert zu werden. Weil Menschen mir etwas zutrauen. Etwas, von dem ich ahne, dass es in mir schlummert. Das ich aber ohne einen sanften Stups von aussen nicht zum Leben erwecken würde. Oder erst viel später. Nach mindestens zehn Jahren besuchten Kursen.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>