Haupt-Sache schwindelfrei

Der Brünighaupt ist der höchste Punkt der Gemeinde Sachseln und ragt mit 2132 Metern imposant in die Höhe. Schon lange wollte ich diesen Gipfel besteigen. Dass es an diesem einen Dienstag Realität werden würde und wie diese Realität aussieht, war mir nicht bewusst.

Dienstag ist Sonntag und darum Freitag. Spontan beschlossen und umgesetzt. Ich freu mich ganz gross auf das Draussen sein. Zeitig fahren wir los Richtung Melchseefrutt. Die Fahrzeiten für Autos: gerade Stunden hinauf, ungerade Stunden hinunter. Munter marschieren wir los. Dass wir zwei Wandervögel heute etwas gar sorglos unterwegs sind, ahne ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ein kurzer Schwatz mit einem Älpler, der uns erzählt, dass am Vortag die Rega jemanden vom Berg geholt hat. Wir gehen rechts vom Blausee dem Weg entlang und gelangen schon bald zum blau weissen Wegweiser, der in Richtung Brünighaupt zeigt. Zackig steil gehts bergauf. Ich keuche wie eine alte Dampflock. Mein lieber Begleiter legt ein ordentliches Tempo vor. Bald stehen wir auf dem Grat und passieren die Europaleiter. Ein kurzer Blick hinunter, imposant, wie sich das Eisen an den Fels schmiegt und in steilen Stufen nach oben führt. Weiter gehts dem Ziel entgegen. Der Weg ist gut markiert (weiss-blau) und wir kommen wacker voran. Als wir dann allerdings einen saftigen Abstieg, gesichert mit Ketten hinlegen, bin ich etwas unsicher, ob wir noch den richtigen Spuren folgen. Aber es ist die einzige Möglichkeit. Nach dem Abstieg folgen weitere technische Stellen und ich realisiere, dass das kein Spaziergang ist. Die kniffligen Passagen sind allesamt mit Seilen und Sicherungen versehen, so dass man mit guter Trittsicherheit und der nötigen Aufmerksamkeit gut vorankommt.

 

Kurz vor dem Gipfel fordert mich ein kleiner, luftiger Grat mächtig heraus. Und ich spüre, wie sich mein Puls beschleunigt. Es ist spannend zu realisieren, wie schnell man an Sicherheit verliert, wenn die Übung fehlt. Vor drei, vier Jahren habe ich solche Passagen ohne mit der Wimper zu zucken gemeistert. Und jetzt, braucht es eine gehörige Portion Überwindung. Trotzdem ist es auch schön zu sehen, dass das Vertrauen mit jedem Gipfel zunimmt. Noch ein, zwei kleine Kraxeleien und wir sitzen oben. Rundum nichts als Weite und Berge. Melchsee, Blausee, Tannensee, die Berner Alpen. Jetzt krieg ich weiche Knie vom Ausblick. Gut, dass es beim Gipfelkreuz eine komfortable Sitzgelegenheit gibt. Trotzdem bin ich etwas unruhig und mir ist nicht nach ewig Pause machen. Ich möchte runter, solange ich noch wach im Kopf und meine Beine noch warm sind. Denn, der Abstieg ist oft genau so anspruchsvoll, wie der Aufstieg. Wenn nicht sogar anspruchsvoller. Aber ich spüre, dass es fliesst und ich mit mir, der Natur und dem Gelände eins bin. Und, dass mein Begleiter eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt, hilft auch mir. Normalerweise lauf ich nicht gerne runter. Doch sind bei diesem Berg die negativen Höhenmeter genau so technisch, wie die positiven. Und so sind wir flugs wieder beim See. Ein letzter Blick zurück. Und dann nichts wie los in Richtung Liegestuhl. Denn…

 

Melchseefrutt, das schreit nach einem Besuch in der Fruttlodge. Schon bald steht das kühle Bier neben uns. Die Füsse dürfen Sonne tanken und das Leben fühlt sich einmal mehr einfach wie eine riesen grosse Wundertüte an. Je tiefer du gräbst, desto mehr Schätze entdeckst du darin. Als krönenden Abschluss kriegen wir noch eine freundliche Führung durch die Familiylodge. Suiten und Zimmer, Wellnessbereich für Gross und Klein, Restaurants. Ich bin restlos begeistert. Ganz viel Eichenholz, kombiniert mit Textiltapeten in Leinenoptik, Fellen und edlen Stoffen. Alles total kindgerecht. Und das zu Preisen, die absolut vertretbar sind. Hätt ich Familie, ich würd mir hier einen Urlaub gönnen. Hab ich nicht. Aber ein bisschen Urlaubsgefühl nehme ich trotzdem mit nach Hause. Denn dieser eine Tag war einmal mehr ein Geschenk.

Wanderungen Brünig Haupt
Frutt Lodge
Frutt Family Lodge

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