Was bleibt, wenn du gehst?

Jede Liebe die endet, ist wie ein kleiner Tod. Manche sterben diesen Tod nur einmal in ihrem Leben, weil sie entweder die eine, grosse Liebe gefunden haben – was ich für jedes Paar hoffe, das Seite an Seite lebt. Oder, weil sie zu bequem sind, um aus einem unbequemen Leben auszusteigen – was vermutlich häufiger der Fall ist, als man sich wünscht. Andere hingegen sterben mehrmals. Manchmal theatralisch, manchmal still und leise. Man sollte meinen, mit den Jahren etwas gelassener, ruhiger, abgeklärter zu werden, wenn es um Liebesdinge geht. Doch, unterm Strich bleibt das Drama das Gleiche. Man zerpflückt. Jedes. Einzelne. Detail. In Fragmente. In Millimeterarbeit. Was als Flug auf Wolke 7 beginnt, endet unsanft. «Ich rannte zu meinen Träumen, stolperte über die Wirklichkeit und stiess den Kopf an der Wahrheit.»

Hin und wieder stösst man sich so heftig, dass man glaubt, auf immer und ewig ein wandelnder Dachschaden zu sein. Das eigentliche Dilemma beginnt ja erst nach der Trennung. Zuerst ist man der festen Überzeugung, in aller Freundschaft auseinanderzugehen. Man wahrt Contenance, wünscht sich alles Liebe, Glück, benimmt sich so richtig erwachsen und ist voller Stolz. Hin und wieder gelingt das sogar auf Dauer. Diese Freundschaften aus Ex-Beziehungen sind absolut wunderbar und bereichernd. Weil man sich unendlich gut kennt, vertraut, nah ist. Den Alltag aber nicht mehr teilt. Geteilt wird nur noch und ausschliesslich, was man zu teilen gewillt ist.

In anderen Fällen kann von Trennung in Freundschaft nicht die Rede sein. Dann, wenn nur einer trennt. Nicht den Müll, sondern das gemeinsame Leben. Wer verlassen wird, leidet. Wie soll man das überleben? Mit Würde und Anstand? Da gibt es wohl verschiedene Strategien. Entweder neigt der/die Verlassene dazu, zu glorifizieren. Alles, woran man sich erinnert, sind die traumhaften Momente, die man geteilt hat. Das zauberhafte Lächeln, die zärtlichen Liebkosungen, der kreative Schlagabtausch. Die Abenteuer und Momente unter freiem Sternenhimmel. Man klammert sich an diese irrwitzige Hoffnung, dass der andere sich besinnt und am nächsten Morgen wieder vor der Tür steht. Naivität? Wunschdenken? Die Stunden, in denen man unglücklich, einsam, verzweifelt war. Die unzähligen Streitereien und Dispute. Sind auf einmal nichtig. Schlicht und einfach nicht vorhanden. Man leidet vor sich hin, kann nicht begreifen und glaubt, nie mehr im Leben auf einen Menschen zu treffen, der so treffend ist. Völlig verblendet – fast wie zu Beginn im Liebesrausch. Denn, man ist schlicht und einfach süchtig nach dem Gegenüber. Eine andere Strategie ist die Wut. Fluchen und schimpfen aus voller Inbrunst, den anderen verdammen und auf seinen Schwächen herumhacken. Seine Macken zu Elefantengrösse heraufbeschwören und froh sein, dass man das miese Gegenstück endlich los ist. Vergeltungsstrategien aushecken, ablästern. Wenn dann noch die tröstenden «lieber ein Schrecken mit Ende als ein Ende ohne Schrecken»-Parolen durch die Räume fliegen, ist der Kessel geflickt. Denn, Wut und Verbitterung frisst auf. Es nagt und lässt einen irgendwie alt werden. Wieder andere neigen zu Übersprungshandlungen und hüpfen direkt und möglichst schnell in die nächste Beziehung. Weil man ja weitergehen muss. So bleibt einem das Nachdenken, Reflektieren erspart. Auch das ist eine Lösung. Die Frage ist nur, ob sie nicht früher oder später zum Bumerang wird. So richtig gesund mutet keine der Strategien an. Trauer darf und muss sein. Verarbeiten ist wichtig, richtig.

Wie auch immer das Gegenüber sich benimmt, hilft es ganz einfach daran zu glauben: „Er/sie kann nicht anders. Denn, sonst hätte er/sie anders gehandelt. Wer würde schon böswillig und absichtlich jemanden verletzen? Jemanden, den man geliebt hat. Oder zumindest geglaubt hat zu lieben, bis die Umstände, Bedingungen sich veränderten?“ Wenn man nicht im Kleinen an das Gute im Menschen glauben kann, wie soll es dann im Grossen je funktionieren?

Und dann, eines Tages sitzt man da. Blinzelt verwundert, sieht in die Ferne und spürt den tiefen Frieden wieder in sich. Das Wissen, dass die Bilder sorgsam aufbewahrt sind. Im Album des Herzens, das für jede Liebe einen Platz hat. Egal wie gross oder klein sie ist. Und so langsam keimt der Glaube daran auf, dass die Sonne wieder hell leuchtet. Und man auf eine neue Liebe trifft. Eine, die bedingungslos ist.

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