Go with the flow … oder so.

Fluchend und jammernd sitz ich in diesem unmöglichen Ding. Stossgebete schick ich zum Himmel. Immer und immer wieder. Derselbe verdunkelt sich zwar. Lässt gewitterschwarze Wolken ziehen. Was mich dann auch nicht gerade zuversichtlich stimmt und mich in meiner ohnehin schon verkrampften Stimmung keinen Deut weiterbringt. Aber erhört wird meine Hilfeschrei nicht. Der See ist ruhig, sehr ruhig sogar. Schöne Schilfgürtel unterbrechen das schlammige Braun des Wassers. Und bilden für mich wunderbare “da fahr ich jetzt direkt hinein” Anlaufstellen. Es ist wie beim Autofahren. Da wo man hinguckt, fährt man auch hin. Aber anpeilen muss ich ja irgendwas. Sonst geht die Fahrt munter im Slalomstil weiter. Leider bleibt es nicht bei den Schilfgürteln. Ich finde da noch weitere hübsche Gegenstände, die ich mit meinem Kajak rammen kann. Irgendwann klemm ich mich fest. Genau im Dreieck eines Stegs, der direkt zu einem ganz, ganz schönen Wochenendhäuschen führt. Fluchen – das kann ich wie ein Rohrspatz in solchen Momenten. Meine Hände krallen sich an dieses blöde Paddel. Wie, zum Henker nochmal, komm ich jetzt hier wieder raus? In meinem ganzen Elend hab ich gar nicht bemerkt, dass ich (abgesehen von meinem Kajakgspändli) noch weitere Zuschauer habe. Eine ältere Dame sitzt vor ebendiesem Häuschen und guckt verwundert. Ich presse ein “Grüss Gott” zwischen den Lippen hervor und hoffe, dass sie sich damit zufrieden gibt. Weit gefehlt. Die Liebe ist schwerhörig und hat mein Gemurmel als Aufforderung zum Näherkommen verstanden.

“Ja, was wollen Sie denn, junge Dame?”
“Nichts. Ich bin nur am Üben und krieg mein Kajak nicht mehr aus dieser Ecke.”
“Oh, Sie Arme! Kann ich denn irgendwas für Sie tun?”
“Ja, hätten Sie vielleicht Baldrian Tropfen?”
“Baldrian? Leider nein. Aber Herztropfen hätt ich. Ich bin 88 und brauche das langsam. Davon können sie gerne haben.” Sie meint es wirklich ernst, todernst.
“Wir nehmen alles. Bringen Sie die Dinger,” tönt es von hinten.
Die Szene ist so bizzarr und bringt mich zum Lachen. Endlich entspann ich mich ein bisschen. Was schlussendlich dazu führt, dass ich fähig bin, paddeltechnische Anweisungen entgegenzunehmen. Irgendwann, nach gefühlten 100 Stunden, hab ich dann wieder festen Boden unter den Füssen und bin recht froh darum. Was soll ich sagen? Ich hab Blasen an den Händen und frage mich, wie ich eine Woche in diesem Ding überleben soll. Es fühlt sich für mich an, wie halb eingesargt. Ich muss wohl an meinem inneren Bild etwas arbeiten. Visualisieren und mir vorstellen, wie leicht und geschmeidig das Boot über das Wasser gleitet. Für ein Huf- und Felstier wie mich ein etwas schwieriges Unterfangen. Aber, ich werde mich bemühen. Und, vielleicht konsumiere ich einfach jeweils am frühen Morgen ein bisschen Gras. Das soll unglaublich entspannen und … schlussendlich ist es ja das Hauptnahrungsmittel von Bergziegen und -zicken.

2 thoughts on “Go with the flow … oder so.

  1. Hallo liebe Yvonne

    Diese Szene hätte ich ja gerne miterlebt. Dabei ist der See so was beruhigendes.
    Heb dir Sorg.
    Jacqueline

  2. Grüezi Yvonne – das Foto passt doch herrlich zur erlebten Geschichte.
    Ich wünsche dir gute Erholung von Körper und Geist ….bis zum nächsten “Versuch”! Liebe Grüsse

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